Versprochen war in Bern eine multimedialen Recherche-Redaktion. Ziel: die Politik zu besänftigen, weil der Umzug des Radiostudios Bern nach Zürich hohe Wellen warf. Wie Zeitungen der TAMEDIA enthüllen, hat sich das Projekt in Luft aufgelöst.
Erneut schiesst die SRG-Spitze ein Eigentor. Angekündigt war nämlich ein grosser Wurf. SRG-Generaldirektor Gilles Marchand im September 2018: «Wir möchten in Bern eine neue, mehrsprachige Recherche-Redaktion gründen». Die Rede war von einer trimedialen, viersprachige Redaktion, die das Fernsehen, Radio und die Onlineredaktionen in allen Landesteilen mit Recherchebeiträgen beliefert. Der Verein Pro Idée Suisse begrüsste dieses Vorhaben, weil es publizistisch neue Wege gehen sollte. Doch das Vorhaben hatte noch einen anderen Zweck: es sollte vor allem auch die Politikerinnen und Politiker milde stimmen. Die SRG-Spitze war im Bundesbern unter Druck wie noch nie. Der geplante Kahlschlag im Radiostudio Bern mobilisierte alle Parteien – so hatte unser Verein in kürzester Zeit Spitzenkräfte aller Parteien an Bord. Plötzlich sah sich die SRG in Nationalrat einer Mehrheit gegenüber – heftiger Gegenwind für das Unternehmen, das in der Vergangenheit in der Politik stets Mehrheiten gefunden hatte. Das ist der Hintergrund dieser versprochenen Recherche-Redaktion. Nun zeigt sich alles warme Luft der SRG-Spitze. Die Redaktion wird es nicht geben. Der SRG-Generaldirektor musste sein Versprechen brechen. Grund: kein Geld. «Die Finanzierung für den vorgesehenen Testbetrieb von drei Jahren konnte nicht sichergestellt werden», wird SRG-Sprecher Edi Estermann zitiert. Der geplante Zusammenzug von rund einem Dutzend Journalisten aus den Unternehmenseinheiten sei darum gestoppt worden. Generaldirektor Marchand habe an einer Infoveranstaltung für Mitarbeiter allerdings betont, dass «das Projekt pendent bleibt», so Estermann.
Das Argument, es habe an Geld gefehlt, sei mehr als erstaunlich, schreibt der Journalist Philippe Reichen, der den faulen Zauber enthüllte. « Das Gros der Sparmassnahmen war längst beschlossen, als man 2019 den Aufbau der Recherche-Redaktion an die Hand nahm. Seit 2018 setzt die SRG ein Sparprogramm in der Höhe von 100 Millionen Franken um, das Ende 2020 abgeschlossen sein wird. Weil die Werbeeinnahmen weiter zurückgingen, wurde aber ein zusätzliches Sparpaket in der Höhe von 50 Millionen Franken beschlossen. Das hat auch personelle Konsequenzen».
Aus Angst vor der Politik wurde ein Scharadenspiel aufgezogen. Damit untergräbt die SRG das Vertrauen, auf das sie als Service Public angewiesen ist.